Stillen fördern

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Call to include breastfeeding as a synergistic approach to vaccines for prevention of respiratory syncytial virus disease
Fischer L, Okanmelu E, Theurich MA. Int Breastfeed J. 2025 Mar 3;20(1):12. https://doi.org/10.1186/s13006-025-00705-9
Eine Infektion mit dem RS-Virus stellt für Säuglinge und Kleinkinder in Entwicklungs- und Schwellenländern ein großes Risiko dar und ist die häufigste Ursache für Lungenentzündungen im Alter unter 5 Jahren. Auch in westlichen Ländern ist eine RSV-Infektion nicht selten mit Hospitalisation und Komplikationen verknüpft, insbesondere bei vulnerablen Säuglingen wie Frühgeborenen oder sehr klein geborenen Babys.
Seit kurzem sind Impfstoffe verfügbar, die die Ansteckungsrate senken und vor schweren Verläufen schützen. Gesundheitspolitische Kampagnen ermutigen Eltern daher zurecht, mit Hilfe der Impfung das Risiko für ihre Kinder zu senken.
Bemerkenswert ist allerdings, dass ein weiterer Schutzfaktor weder in der wissenschaftlichen Gesundheitskommunikation noch in der öffentlichen Debatte ausreichend berücksichtigt wird: Es wurde bereits mehrfach belegt, dass Stillen – insbesondere ausschließliches Stillen länger als 2 Monate – das Risiko für Hospitalisation und schwere Verläufe bei RSV-Infektionen deutlich senkt. Der Effekt ist dosisabhängig, so dass längeres Stillen gegenüber kürzerem Stillen und ausschließliches Stillen gegenüber Teilstillen einen stärkeren Effekt hervorruft. Auch kurzes Stillen hat jedoch bereits eine Auswirkung: schon 2 Wochen Stillen führten in einem systematischen Review von 2023 zu einer niedrigeren Hospitalisationsrate in westlichen Ländern.
Ein aktuell in der Fachzeitschrift International Breastfeeding Journal erschienener Artikel einer deutschen Forschungsgruppe ruft dazu auf, diesen Aspekt stärker in der wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Kommunikation einzubeziehen. Die deutsche S2k-Leitlinie zur Prophylaxe von schweren Erkankungen durch RSV bei Risikokindern (2023) spricht sich bereits deutlich für das Stillen als Schutzfaktor aus.
Für die Praxis bedeutet das, dass Stillen nicht nur als präventive allgemeine Maßnahme für alle Bevölkerungsgruppen empfohlen werden sollte, wie es aktuell der Fall ist, sondern insbesondere Familien mit Risikokindern sollten intensiv zur protektiven Wirkung des Stillens auch in Bezug auf RSV aufgeklärt werden.
Und: Wenn ein Säugling mit RSV-Infektion hospitalisiert werden muss, ist unbedingt das Weiterstillen oder die Intensivierung des Stillens zu unterstützen, was bedeutet, dass die stillende Mutter gemeinsam mit ihrem Kind auf der Station aufgenommen und zum Stillen ermutigt wird. Medizinisch notwendige Maßnahmen wie z.B. eine ergänzende Sauerstoffversorgung des Kindes, sollten nach Möglichkeit so gewählt werden, dass das Kind weiterhin direkt an der Brust angelegt werden kann. Wenn durch einen schweren Verlauf das direkte Stillen an der Brust nicht möglich ist, sollte die Mutter ermutigt und angeleitet werden, Muttermilch für ihr Kind zu gewinnen.
Die Autorinnen des Artikels betonen, dass Impfung und Stillen nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen – öffentliche Gesundheitsinstitutionen sollten ebenso wie Fachkräfte auf individueller Ebene sowohl die Chancen der Impfung als auch die besondere Bedeutung des Stillens betonen und Eltern zu beidem ermutigen.
Der Artikel ist im open access Verfahren frei erhältlich und kann → hier nachgelesen werden.
© April 2025, Anja Bier, IBCLC
und das EISL-Newsletter-Team:
Rhiannon Grill, IBCLC; Natalie Groiss, IBCLC; Simone Lehwald, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC; Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC
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