Europäisches Institut für Stillen und Laktation

Längeres und ausschließliches Stillen verbessert die kindliche Entwicklung

Anlage zum EISL-Newsletter April 2025

Breastfeeding Duration and Child Development
Goldshtein I, Sadaka Y, Amit G, Kasir N, Bourgeron T, Warrier V, Akiva P, Avgil Tsadok M, Zimmerman DR. JAMA Netw Open. 2025 Mar 3;8(3):e251540. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2025.1540

Das wichtigste in Kürze:

  • Die frühe Kindheit ist eine wichtige Zeit, um eine langfristige gesunde körperliche und kognitive Entwicklung zu fördern. Faktoren wie z.B. Bindung und Ernährung, können entscheidend dazu beitragen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt daher ausschließliches Stillen für ungefähr 6 Lebensmonate, gefolgt von fortgesetztem Stillen neben geeigneter Beikost für bis zu 2 Jahre oder darüber hinaus.
  • Frühere Studien, die einen positiven Zusammenhang zwischen Stillen und einer verbesserten kognitiven Entwicklung zeigten, standen teilweise in der Kritik aufgrund möglicher Verzerrungen (Confounder), die nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
  • Eine aktuelle große israelische Kohortenstudie untersuchte nicht nur über 500.000 Kinder, sondern auch über 37.000 Geschwisterpaare. Wichtige Confounder wurden ausgeschlossen und es zeigte sich, dass längeres und ausschließliches Stillen jeweils mit einer reduzierten Wahrscheinlichkeit für Entwicklungsverzögerungen einhergeht, besonders auch im Bereich der sprachlichen und sozial-neuronalen Entwicklung.

Die aktuelle israelische Kohortenstudie umfasste Kinder, die zwischen Januar 2014 und Dezember 2020 nach der 36. Schwangerschaftswoche geboren wurden und mindestens eine Folgeuntersuchung im Alter von 2 - 3 Jahren absolvierten. Kinder mit schweren Erkrankungen wurden ausgeschlossen und alle erfassten Kinder waren innerhalb von 5 Tagen postpartum aus der Klinik entlassen worden – somit wurden Frühgeburten und mögliche damit verbundene Entwicklungsveränderungen ausgeschlossen.

Medizinische Institutionen in Israel bieten kostenlose pädiatrische Vorsorgeuntersuchungen für Kinder ab Geburt bis ins Alter von 6 Jahren an. Über 70% der israelischen Kinder nehmen an diesen Untersuchungen teil. Zu den Untersuchungen gehören Impfungen, Früherkennung von Gesundsheitsproblemen, Erfassung von Wachstum und Entwicklung sowie Aufklärung der Eltern zur Förderung eines gesunden Lebensstils (Ernährung, Hygiene, Sicherheit). Bei jedem Besuch werden Eltern zur aktuellen Ernährung des Kindes befragt, auch das Stillen wird explizit abgefragt, außerdem werden motorische und neuronale Meilensteine erfasst.

Beim Vergleich von über 37.000 Geschwisterpaaren erwies sich, dass Kinder, die mindestens 6 Monate gestillt worden waren, weniger motorische und neurologische Entwicklungsverzögerung zeigten als ihre Geschwister, die kürzer oder gar nicht gestillt worden waren. Dies ist besonders bedeutsam, weil andere familiäre Faktoren wie z.B. der Bildungsgrad der Eltern oder die sozio-ökonomischen Verhältnisse hier keine potentiellen Verzerrungen der Ergebnisse bewirken können.
Bei den insgesamt über 500.000 untersuchten Kindern wurde die Stilldauer ebenso erfasst wie die Dauer des ausschließlichen Stillens gegenüber jeglichem Stillen. Es zeigte sich, dass bereits jegliches Stillen über 6 Monate eine positive Auswirkung auf die kindliche Entwicklung hatte, ausschließliches Stillen verstärkte den Effekt.

Die Autor:innen betonen, dass ihre Studie erneut die aktuellen WHO-Empfehlungen zum Stillen stützt und dass ihre Erkenntnisse von Initiativen im Bereich der öffentlichen Gesundheitsförderung und im Bereich der frühkindlichen Entwicklungsförderung genutzt werden sollten.

Die Studie steht vollständig im open access Verfahren zur Verfügung und kann → hier nachgelesen werden.
Das Deutsche Ärzteblatt hat ebenfalls einen Artikel zur Studie veröffentlicht, der mit einer kostenlosen Registrierung vollständig → hier gelesen werden kann.

© April 2025, Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC
und das EISL-Newsletter-Team:
Anja Bier, IBCLC; Rhiannon Grill, IBCLC; Natalie Groiss, IBCLC; Simone Lehwald, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC

Stillen fördern

Stillen fördern
Stillen fördern

Mit Ihrer Hilfe können wir fundiertes Fachwissen und nützliche Dokumente für die Praxis weiterhin kostenfrei auf unserer Webseite zur Verfügung stellen.Spenden