Stillen fördern

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AWMF-Leitlinie 093 - 003: S2k-Leitlinie "Prävention, Diagnostik und Therapie der CMV-Infektion bei Schwangeren und der konnatalen CMV-Infektion bei Neugeborenen und Kindern"
Gesellschaft für Virologie (GfV e.V.) und weitere Fachgesellschaften, Koordination: Prof. Dr. rer. nat. Susanne Modrow (GfV e.V.) und Dr. med. Rangmar Goelz (DGKJ e.V.). 11/2024.
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/093-003
AWMF-Leitlinien sind im deutschsprachigen Raum wichtige Wegweiser im medizinischen Bereich. Die dort veröffentlichten Leitlinien sollten allen, die im Gesundheitswesen arbeiten, als Grundlage für ihre Entscheidungen dienen und werden von anerkannten Fachgesellschaften und Expert:innen nach wissenschaftlichen Kriterien erarbeitet.
Unter Federführung der Gesellschaft für Virologie (GfV e.V.) entstand eine neue S2k-Leitlinie zum Thema "Prävention, Diagnostik und Therapie der CMV-Infektion bei Schwangeren und der konnatalen CMV-Infektion bei Neugeborenen und Kindern", die im Herbst 2024 veröffentlicht wurde. Empfehlungen und Leitlinien aus dem internationalen Raum flossen in die AWMF-Leitlinie mit ein.
Die Leitlinie beschreibt, dass das Risiko für eine intrauterine Übertragung mit Dauer der Schwangerschaft zunimmt, jedoch bei zunehmender Reife des Fötus das Risiko für Folgeschäden abnimmt. Das größte Risiko für eine schwere fetale Erkrankung besteht, wenn die Erst-Infektion der Schwangeren im ersten Trimenon erfolgt. Diese konnatale CMV-Infektion (cCMV-Infektion) des Fötus im Mutterleib verläuft in vielen Fällen asymptomatisch, kann jedoch auch z.B. zu Mikrozephalie, Hepatitis und schweren neurologischen Entwicklungsstörungen führen. Die häufigste Schädigung betrifft ein- oder beidseitige Hörminderungen – eine cCMV-Infektion verursacht bis zu 25% der frühkindlichen Schwerhörigkeiten.
Frauen, die mit CMV-negativem Status schwanger werden, sollten präventive Maßnahmen ergreifen, um insbesondere in der Frühphase der Schwangerschaft eine Erst-Infektion zu vermeiden. Das größte Risiko geht dabei von Kleinkindern aus, die nach einer fetalen oder postpartalen Infektion oft über lange Zeiträume CMV-Viren in Speichel und Urin ausscheiden. In Krippen und Gemeinschaftseinrichtungen finden häufig Übertragungen von Kleinkind zu Kleinkind statt, die in vielen Fällen asymptomatisch verlaufen und somit oft unbemerkt bleiben.
Strenge Hygienemaßnahmen im Umgang mit Kleinkindern sollten daher für CMV-negative Schwangere zur Aufklärung gehören.
Wenn eine Erst-Infektion bei Schwangeren rechtzeitig erkannt wird, kann eine intrauterine Übertragung durch Medikamente verhindert werden. Sollte eine fetale Infektion nachgewiesen werden (intrauterine Diagnostik ist z.B. durch Amniozentese und fetalen Ultraschall möglich), kann man beim Neugeborenen, je nach Symptomlage, durch eine frühzeitig begonnene antivirale Therapie das Risiko für Folgeschäden deutlich verringern. Eine Diagnostik sollte dabei noch intrauterin oder postnatal innerhalb der ersten 3 Lebenswochen erfolgen.
Auch auf das Stillen und mögliche Risiken zu einer postnatalen CMV-Übertragung geht die Leitlinie ein. Dabei werden folgende Empfehlungen ausgesprochen:
• Reife Neugeborene sollen uneingeschränkt gestillt werden, unabhängig vom CMV-Status der Mutter
• Auch reife Neugeborene, die sich intrauterin infiziert hatten (cCMV-Infektion) können gestillt werden
• Bei reifgeborenen Säuglingen ist keinerlei Testung der Muttermilch notwendig
Besondere Empfehlungen bei Frühgeborenen: Auch Frühgeborene sollten unbedingt mit Muttermilch ernährt werden, unabhängig vom CMV-Status der Mutter. Allerdings kann es bei sehr kleinen und unreifen Frühgeborenen sinnvoll sein, die Muttermilch zur Inaktivierung der CM-Viren zu behandeln (Holder-Pasteurisierung oder Kurzzeit-Pasteurisierung – Einfrieren inaktiviert die CM-Viren nicht zuverlässig).
Die Leitlinie geht darauf ein, dass international bisher unterschiedliche Empfehlungen existieren, was unter "sehr kleine und unreife Frühgeborene" im CMV-Kontext zu verstehen ist und wann die vorübergehende Behandlung der Muttermilch wieder enden soll – je nach Region gelten hierfür beispielsweise 28 Wochen oder 32 Wochen als Grenzwert. Die AWMF-Leitlinie entscheidet sich für die Empfehlung, bei Frühgeborenen unter 32 Wochen oder unter 1.500 g eine Inaktivierung des CM-Virus vorzunehmen.
Kolostrum soll bis zum 4. Lebenstag nativ (ohne Behandlung) verfüttert werden.
Die Leitlinie ist in der Langfassung → hier vollständig zugänglich.
Ergänzend zur aktuellen AWMF-Leitlinie gibt es im deutschsprachigen Raum bereits folgende Empfehlungen:
→ Konsensuspapier Österreich (2018)
→ Expertenbrief Schweiz (2021)
Außerdem existiert ein Konsenspapier der European Cytomegalovirus Initiative (ECCI), das im Mai 2024 in der Fachzeitschrift The Lancet erschienen ist und im open access Verfahren → hier vollständig zugänglich ist.
© Juli 2025, Anja Bier, IBCLC
und das EISL-Newsletter-Team:
Rhiannon Grill, IBCLC; Natalie Groiss, IBCLC; Simone Lehwald, IBCLC; Gabriele Nindl, IBCLC; Gudrun von der Ohe, Ärztin und IBCLC
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